Ich möchte eine knappe Zusammenfassung einer kürzlich verfassten Studie online stellen, da ich denke, dass sie recht interessante Ergebnisse liefert…
Das Thema der Arbeit lautete: Psychotherapie unter Zwang – ein Dilemma? Erfahrungen transidenter Menschen
Die Arbeit beschäftigt sich mit transidenten Personen, die Psychotherapie in Anspruch nehmen müssen, um eine hormonelle Behandlung und eine etwaige nachfolgende geschlechtsangleichende Operation bezahlt zu bekommen. Zu diesem Zweck wurden mittels einer qualitativen Studie fünfzehn transidente Menschen mit einem Leitfadeninterview und dem Bonner Fragebogen für Therapie und Beratung befragt.

Die Situation in Österreich stellt sich wie folgt dar: damit eine Kostenübernahme für die Hormonbehandlung und geschlechtsangleichende Operation seitens der Krankenkasse erfolgt, muss eine kontinuierliche Psychotherapie von mindestens 50 Stunden bzw. einem Jahr durchgeführt werden. Zusätzlich muss der Therapeut in einem Gutachten eine „stabile Transsexualität“ bestätigen. (Rauchfleisch, 2006, S. 35)

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Therapie für Personen mit Geschlechtsidentitätsproblematik – trotz der Verpflichtung – eine wesentliche Ressource wird, wenn eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zwischen Patient und Therapeuten gegeben ist. Die häufig vorhandene anfängliche Skepsis gegenüber therapeutischen Hilfestellungen sollte durch entsprechende Aufklärungsarbeit im Vorfeld gelöst werden.

Ähnlich der Ergebnissen der vorliegenden Arbeit zeigte auch eine 2008 in einem deutschen Transgenderforum (FTM-Portal.net) von Betroffenen durchgeführte Umfrage zur Sinnhaftigkeit einer Therapie unter Zwang; „Somit wird durch den `Therapiezwang` weniger Schaden angerichtet, als ich dachte. Solange man also behandlungsmäßig alle Leute über einen Kamm schert, ist es besser, Therapie kategorisch aufzuzwängen als kategorisch zu verweigern.“ (Originalzitat „Jareth“)

Bemerkenswert ist, dass alle Interviewte, anderen Transidenten – die erst am Beginn der Angleichung stehen – raten, eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen. Wichtig sei es, die Therapie nicht als notwendiges Übel anzusehen und sich auf den Prozess einzulassen. Die Mehrheit der Befragten würde eine Therapie auch in Anspruch nehmen, wenn sie nicht Voraussetzung für Gutachten wäre. Der Anspruch der Psychotherapie ist dabei nicht ausschließlich in der Linderung von Symptomen zu sehen, sondern auch als Möglichkeit der Begleitung auf einem schwierigen Weg. In diesem Zusammenhang sollte vielleicht für den Begriff „Therapie“, der im deutschen immer mit „Krankheit“ in Beziehung gebracht wird, eine andere Wortwahl getroffen werden; eine Bezeichnung wie „Psychotherapeutische Begleitung“ oder „begleitende Beratung für Transidente“ könnte mit Vorurteilen gegenüber Psychotherapie aufräumen und zu einer höheren Akzeptanz führen.