Shades of Grey = BDSM? Krank?

Die Trilogie „Shades of Grey“ ist in kürzester Zeit zum Kassenschlager geworden. Trifft das Buch auf ein Thema, das die Gesellschaft zurzeit bewegt? Oder ist es die Art von Märchen –  Jungfrau trifft auf begehrenswerten Milliardär und hilft ihm bei der Aufarbeitung seines Kindheitstraumas – die wir mögen? Es sind vielleicht auch die ständigen inneren Dialoge der Hauptdarstellerin, die es möglich machen, sich mit ihr zu identifizieren. Wobei sich für mich generell die Frage stellt, wie es die Autorin schafft – trotz der ständigen Wortwiederholungen („ich werde rot“, „ich explodiere“) – die Konzentration und vor allem die Neugierde des Lesers aufrechtzuhalten…

Was aber hat das Buch bloß mit BDSM zu tun? Ist es etwa die „Kammer der Qualen“? Die Triologie beschreibt den BDSM, den sich die Gesellschaft so vorstellt. Es könnte beim Leser der Eindruck entstehen, Tops bzw. BDSM-Anhänger hätten eine traumatische Kindheit erlebt und würden bei dieser Art von Sexualität ihre Aggression abbauen. Eine Studie des amerikanischen Sexualwissenschaftlers Charles Moser konnte jedoch keine gemeinsame  Psychopathologie von Menschen, mit einer sadomasochistischen Neigung, feststellen. Des Weiteren wurde kein Zusammenhang zwischen dieser Neigung und einer psychiatrischen Diagnose gefunden werden, d.h. es ist ein Trugschluss zu glauben, SM-Praktizierende leiden unter einer Traumatisierung.

Wie in anderen Bereichen bewirkt eine einseitige Berichterstattung der Medien die Entstehung von Stereotypien für Außenstehende. So gilt der BDSM immer noch als krank und pervers. Dadurch entstehen auch eine Vielzahl an Mythen. Das erschwert ein Outing oder führt dazu, dass Menschen, ihre Neigung verleugnen oder „wegmachen“ möchten. Ein Mythos ist beispielsweise,  dass der Dominante auch im Alltag dominant sei. Ein anderes gängiges Klischee besagt, dass Submissive erfolgreiche Manager sind und im BDSM genau das Gegenteil suchen… Beide Meinungen sind jedoch zu einseitig – Aufklärung wäre hier sehr sinnvoll,  da schätzungsweise 5 – 20 %  der Menschen BDSM aktiv leben. Noch mehr berichten über sadomasochistische Fantasien…

Comments (1)

  1. Herzlichen Dank für Ihre Stellungnahme zu einem Thema, das mich selbst seit Jahren beschäftigt und betrifft.
    Sei es durch Filme, Bücher oder Zeitschriften beeinflußt – ich fühle mich umgeben von Menschen, die SM-Praktizierende als krank oder pervers ansehen. Da ich selbst vor Jahren meine ersten Erfahrungen in der SM-„Szene“ machen durfte, erlebe ich mich selbst im Freundeskreis, der zum Teil davon weiß, als stigmatisiert.
    Ich bin daher froh, zu lesen, dass es auch andere, professionelle Meinungen dazu gibt.
    Liebe Grüße
    Chris

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